Dr. Kirschner (Mainz) im ZDF bei Volle Kanne zum Thema Heuschnupfen

Weshalb belastet ein Heuschnupfen heute stärker als früher?

Im Interview mit ZDF Volle Kanne erklärt Hautarzt Dr. Kirschner (Mainz) am 24. März 2023 was Haut und Heuschnupfen miteinander zu tun haben, wie man Allergien diagnostizieren und was man gegen Heuschnupfen tun kann. Gerade heute ist das Leiden bei Heuschnupfen deutlich stärker als früher. Typische Symptome von Heuschnupfen sind brennende Augen, Niesreiz, Kopf- und Halsschmerzen, bei einigen Betroffenen sogar asthmatische Beschwerden. 


Was genau löst eigentlich Heuschnupfen aus?

Heuschnupfen ist eine starke Reaktion unseres Immunsystems auf sogenannte Allergene in Pollen. Das Immunsystem reagiert aber nicht auf den ganzen Pollen, sondern nur auf bestimmte Inhaltsstoffe des Pollens, in der Regel bestimmte Proteine. Das wichtigste Allergen in Birkenpollen beispielsweise ist das Protein „Bet v1“. Es gibt aber noch einige weitere solcher Einweiße im Birkenpollen, die das menschliche Immunsystem bekämpft. Wozu es diese Eiweißstoffe im Pollen überhaupt gibt ist noch nicht ganz erforscht. Man geht heute davon aus, dass sie die Pollen gegen Schimmelpilzbefall schützen sollen. Es gibt zahlreiche solcher hochallergenen Proteine im Pollen verschiedener Pflanzen.


Wieso kommt es zu Kreuzallergien?

Bleiben wir beim Beispiel Bet- v-1 aus dem Birkenpollen: Ganz ähnliche Proteine kommen auch in manchen Früchten vor. Wer gegen Bet- v-1 in Birkenpollen allergisch ist, dessen Immunsystem reagiert häufig auch auf Kulturäpfel, Aprikosen, Kirschen, Haselnüsse und Möhren (man spricht vom sogenannten Birken-Apfel-Syndrom). Auch andere Allergene verursachen solche Kreuzallergien. Häufig sind beispielsweise auch das Zypressen-Pfirsich-Syndrom oder das Hopfen-Sellerie-Syndrom.


Weshalb ist Heuschnupfen heute schlimmer als früher?

Die meisten Pollenallergiker leiden heute stärker als in der Vergangenheit, das liegt an mehreren Faktoren:

  • Die Blüte setzt aufgrund des Klimawandels deutlich früher im Jahr ein und dauert länger an:
    Die meisten Menschen reagieren aufgrund ihrer Veranlagung auf die Pollen mehrerer Blütenpflanzen allergisch. Bäume blühen heutzutage früher, Gräserpollen fliegen tendenziell später. Die Pollenflugzeit verlängert sich insgesamt und die verschiedenen Flugzeiten überlagern sich, was die Belastung erhöht. Wer also zum Beispiel auf Baum- und Gräserpollen allergisch reagiert, leidet heute über einen längeren Zeitraum hinweg an Heuschnupfensymptomen. Diesen Winter hat der Polleninformationsdienst etwa schon kurz vor Weihnachten vor den ersten Pollenflügen gewarnt! Gerade Hasel und Erle reagieren auf milde Temperaturen mit sehr frühem Pollenflug.
  • Durch den Klimawandel wachsen bei uns auch – teilweise Hochallergene – Pflanzen, denen es früher zu kalt bei uns war:
    Ein Beispiel ist Ambrosia, eine aus Nordamerika eingeschleppte Pflanze. Ihre Pollen sind sehr klein und dringen daher tief in unsere Atemwege ein. Hinzu kommt, dass Ambrosia besonders viele Pollen produziert. Eine einzige Pflanze kann bis zu eine Milliarde Pollen produzieren. Die Blütezeit reicht bis tief in den Herbst hinein. Auch die Olive ist eine hochallergene nicht heimische Pflanze, die sich in Deutschland ausbreitet.
  • Die Menge der Pollen nimmt zu:
    Die gestiegene Kohlendioxidkonzentration in der Luft verstärkt die Fotosynthese. Bei einigen Pflanzen werden die Blätter und Blüten deutlich größer und produzieren mehr Pollen als früher.
  • Die häufige Trockenheit im Frühjahr führt dazu, dass dass die Pollen nicht vom Regen aus der Luft gewaschen werden. Pollen schweben am besten in trockener Luft, ein leichter Wind und Luftzug reicht aus, um bereits zu Boden gefallene Pollen wieder aufzuwirbeln.
  • Die Aggressivität der Pollen nimmt zu:
    Schadstoffe in der Luft setzen Pflanzen unter Stress, diese reagieren auf diesen Stress mit veränderten Pollen. Gerade in Städten, wie Mainz ist die Belastung mit Feinstaub und Stickoxiden hoch. Studien zeigen, dass Pollen dadurch aggressiver werden. In Pollen von Birken, die an stark befahrenen Straßen stehen, finden sich deutlich höhere Konzentrationen des Allergens Bet v 1 als im Pollen von Bäumen, die in der freien Natur stehen. Andere Pflanzen in Städten produzieren zusätzlich zu den Allergenen auch noch Reizstoffe, die eine Entzündungsreaktion in Nase und Rachen verursachen.
  • Luftschadstoffe stressen auch unsere Schleimhäute, diese können sich nicht mehr so gut gegen eindringende Pollen schützen. Eine geschwächte Abwehr trifft auf einen aggressiveren Eindringling.


Was kann man bei Heuschnupfen tun?

Wichtig ist, das eigene Zuhause, insbesondere auch das Schlafzimmer möglichst frei von Pollen zu halten.

  • Waschen Sie vor dem Zubettgehen die Haare oder bürsten Sie diese zumindest kräftig aus (natürlich nicht im Schlafzimmer)
  • Wechseln Sie während dem Pollenflug besonders häufig die Bettwäsche.
  • Trocknen Sie Ihre Wäsche nicht freien.
  • Lüften Sie in der Stadt morgens, wenn noch nicht so viele Pollen in der Luft sind. Auf dem Land fliegen die Pollen eher morgens, daher sollte dort eher abends gelüftet werden. Halten Sie das Fenster zur Schlafenszeit geschlossen.
  • Wechseln Sie Ihre Kleidung nach Aufenthalten im Freien, bewahren Sie die Kleidung, die draußen mit Pollen in Berührung gekommen ist, nicht im Schlafzimmer auf.
  • Wischen Sie häufiger mit feuchten Tüchern, schaffen Sie sich einen Staubsauger mit Pollenfilter (HEPA-Filter) und nutzen diesen während des Pollenflugs häufig.
  • Nutzen Sie ein zweites Kissen, wenn der Kopf im Schlaf höher liegt, strömt nicht mehr so viel Blut in die Nase, so dass man in der Regel besser atmen kann.
  • Legen Sie einen feuchten Waschlappen auf die Augen, wenn die Augen tränen (nicht reiben!).
  • Wenn Sie Haustiere, wie Hunde und Katzen, haben, die sich häufiger im Freien aufhalten, gehören diese während des Pollenflugs nicht ins Schlafzimmer.
  • Ein Luftreiniger mit HEPA-Filter kann helfen die Luft in der Wohnung von Pollen zu reinigen.
  • Die Lüftung oder Klimaanlage im Auto kann ebenfalls mit einem Pollenfilter ausgerüstet werden.
  • Wenden Sie regelmäßig (2x täglich) eine Nasendusche an.
  • Antihistaminika, welche die allergische Reaktion hemmen, sind rezeptfrei in der Apotheke als Nasenspray, Augentropfen oder Tabletten erhältlich.


Was tut der Arzt bei Heuschnupfen?

Im ersten Schritt erfolgt eine Allergiediagnostik. Der Arzt muss wissen, wogegen genau Betroffene allergisch sind. In vielen Fällen ist dann eine sogenannte spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung) möglich. Dabei wird das Allergen über einen längeren Zeitraum regelmäßig, zumeist per Spritze, verabreicht. Zunächst wöchentlich, dann monatlich. So gewöhnt sich das Immunsystem an das Allergen, bis die allergische Reaktion nachlässt.

Ausführliche Informationen zur Allergiediagnostik und Allergiebehandlung im Haut- und Venenzentrum finden sich hier.


Dr. Kirschner (Mainz) im ZDF Interview zum Thema Heuschnupfen / Allergien

Hier geht es zum Beitrag im ZDF (Volle Kanne). Beitrag zu Heuschnupfen bei 47:51.


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