Berufsallergie – eine häufige berufsbedingte Erkrankung
Als Berufsallergie wird eine allergische Erkrankungen bezeichnet, die sich in der Folge einer bestimmten beruflichen Tätigkeit aufgrund von gehäuften Kontakten mit bestimmten Arbeitsstoffen zeigt. Die allergische Reaktion wird dabei durch eine Fehlleitung und Überreaktion des Immunsystems hervorgerufen: Typischerweise ist die auslösende Substanz an sich ungefährlich, jedoch nimmt das Immunsystem des Betroffenen den harmlosen Stoff als Gefahr wahr. Dadurch wird eine Immunreaktion zur Bekämpfung gestartet.
Diese Immunreaktion, die durch das Allergen ausgelöst wird, führt dann zu den jeweiligen Beschwerden. Dabei können nicht nur langjährig Beschäftigte sondern auch schon Berufsanfänger von einer Berufsallergie betroffen sein. So müssen jedes Jahr ca. 30.000 Azubis ihre Lehrstelle aufgrund einer Allergie aufgeben. Bei etwa einem Drittel von ihnen sind Probleme mit der Haut und den Atemwegen der Grund. Insgesamt liegen Berufsallergien in der Statistik der berufsbedingten Erkrankungen ganz vorne.
Ursache oder Auslöser?
Der Auslöser von Berufsallergien ist der berufsspezifisch gehäufte Kontakt mit berufsspezifischen Substanzen. Dabei kommt es aufgrund der häufigen Kontakte mit eigentlich ungiftigen Substanzen zu einer zunehmenden Sensibilisierung, aus der sich schließlich eine Berufsallergie entwickeln kann.
Bei manchen Betroffenen lagen bereits vor ihrem Berufseinstieg bestimmte Allergien latent vor. Diese werden dann aber erst aufgrund der gehäuften Kontakte zu den allergieauslösenden Stoffen als Berufsallergien akut. Es ist außerdem davon auszugehen, dass es eine genetisch bedingte Anfälligkeit für die Entwicklung bestimmter Berufsallergien gibt. Nicht immer ist daher eindeutig zu entscheiden, ob für Berufsallergien verantwortliche Kontaktsubstanzen wirklich die Ursache dieser Berufsallergien oder lediglich deren Auslöser sind.
Wie zeigt sich eine Berufsallergie?
Häufig betroffen sind die Atemwege und die Haut, über die sich Berufsallergien manifestieren.
D.h. manche berufsbedingte Allergien zeigen sich durch Asthma (teilweise ergänzt durch Bindehautentzündungen), wie beispielsweise die Mehlstauballergie von Bäckern und Konditoren (sogenanntes Bäckerasthma) oder die Holzstauballergie von Schreinern.
Ein Großteil tritt jedoch als sogenannte Kontaktallergien an Hautstellen auf, die in Kontakt mit dem allergieauslösenden Stoff kommen. Gerade im beruflichen Kontext sind das meistens die Hände. Das Ekzem bricht am häufigsten an den Finger- und Handrücken aus. Die Handinnenfläche ist durch eine dickere Hornschicht besser geschützt.
An den betroffenen Hautstellen zeigen sich nach einiger Zeit typische Symptome, wie:
- Hautrötung
- Schwellung
- Hautausschlag
- Nässende Haut
- Juckreiz
- Spannungsgefühl
- Brennen
- Blasen
- Schuppung
- Verhornung
- Krustenbildung
- Hautrisse
- Trockene Haut
- Vergröberung der Hautfalten und Verdickung der Haut
- Hautfärbung
Welche Berufe sind am stärksten betroffen?
Bekannt für solche Kontaktallergien, die sich in allergischen Hautekzemen äußern, sind das Friseurhandwerk (sogenanntes Friseurekzem), die Gebäudereinigern und andere Berufe, die in direkten Kontakt mit chemischen Pflege-, Reinigungs- oder Färbemitteln, kommen. Andere kommen zwar ebenfalls häufig vor, sind jedoch bei weitem nicht so bekannt, wie beispielsweise die sogenannte Maurerkrätze, die entsteht, wenn bei durch Zement angegriffener Haut entzündliche Reaktionen, im Extremfall sogar regelrechte Verätzungen entstehen.
Als Auslöser von Berufsallergien kommen mehrere hundert Arbeitsstoffe in Frage. Ein Stoff, der in vielen Industrie- und Handwerksbetrieben eingesetzt wird und sehr häufig eine Kontaktallergie hervorruft, ist Epoxidharz. Weitere Stoffe sind
- Isothiazolinone (Konservierungsmittel in Kühlschmierstoffen),
- Nickel (Galvanik),
- Gummi/ Latex (Schutzhandschuhe),
- Kaliumchromat (entsteht bei der Zementherstellung, inzwischen wird aber vermehrt chromatarmer Zement genutzt),
- Glutaraldehyd und Glyoxal (Desinfektionsmittel)
- Methacrylate (Zahntechnik).
Auf der Liste der am stärksten von Allergie betroffenen Branchen stehen handwerkliche und gewerbliche Berufe sehr weit oben: Das Risiko an einer Allergie zu erkranken, ist für Bäcker, Tischler, Friseure, die Baubranche und einige weitere besonders hoch.
In den verschiedenen Berufsgruppen kommen folgende Berufsallergien gehäuft vor:
- Bäcker/Bäckereifachverkäufer/Konditor/ Müller (Backmittel, Hefen, Mehlstaub, Schimmelpilze)
- Bauarbeiter, Maurer, Maler, Lackierer (Betonhärtemittel, Metalle, Chrom, Zement, Nickel, Kleber, Lacke, Lösungsmittel, Epoxydharze)
- Druckindustrie (Terpentine, Farben, Gummi/Latex, Lösungsmittel)
- Fotoindustrie (Farbstoffe, Fixiersalze, Entwickler)
- Friseure (Shampoos, Haarfarben, Bleich- und Blondiermittel, Festiger, Duftstoffe, Gummi/ Latex)
- Gärtner, Florist (Pflanzen, Pollen, Pflanzenschutzmittel)
- Heil- und Pflegeberufe (Latex, Desinfektionsmittel, Lokalanästhetika, Antibiotika)
- Metallarbeiter (Nickel, Chrom, Kobalt, Öle, Ölsubstanzen, Schmierstoffe, Bohröle, Lötwasser)
- Schreiner (Holzstäube, Kleber, Lacke, Lösungsmittel, Terpentine)
- Tierpfleger, Tierarzt, Landwirte (Tierstaub, Schimmelpilze, Futtermilben)
- Textilindustrie (Formaldehyd, Farbstoffe)
- Zahntechnik (Methacrylate)
Was tun bei Symptomen?
Die Diagnose von Berufsallergien muss von einem Facharzt gestellt werden. Bei einem Atemleiden, wie bspw. dem Verdacht auf Bäckerasthma sollte ein Lungenfacharzt aufgesucht werden. Handelt es sich um eine Kontaktallergie, also wird beispielsweise ein Friseurekzem vermutet, ist ein Dermatologe für die Diagnosestellung zuständig.
Wie verläuft die Untersuchung durch den Berufsdermatologen?
Vor einer Diagnose und Behandlung erfolgt eine Anamnese durch den Facharzt mit einem Fokus auf Fragen zur beruflichen Situation und zum Arbeitsplatz, wie beispielsweise:
- Welche Tätigkeit üben Sie derzeit aus?
- Mit welchen typischen Stoffen/ Stäuben kommen Sie dabei in Kontakt?
- Sind in der vergangenen Zeit neue Substanzen im beruflichen Umfeld hinzugekommen?
- Wann und unter welchen Bedingungen entstehen die Beschwerden? Bessern sie sich in der arbeitsfreien Zeit?
- Müssen Sie häufig Handschuhe tragen?
- Wie oft und womit waschen Sie Ihre Hände während der Arbeitszeit?
- Welche Hautschutzpräparate benutzen Sie?
- Welche Berufe haben Sie davor ausgeübt?
- Gab es in der Vergangenheit einen Kontakt mit einem Arbeitsstoff aufgrund eines Unfalls oder durch eine Betriebsstörung?
Als nächstes erfolgt eine sorgfältige äußere Untersuchung der Haut und Schleimhäute. Dann erfolgen Allergietests. Dazu muss aber das Ekzem im Testfeld komplett ausgeheilt sein. Ansonsten kann es zu Reaktionen kommen, die nicht durch das Allergen ausgelöst werden. Da antiallergische Medikamente eine Reaktion verhindern können, sollten diese vor dem Test nicht mehr eingenommen werden.
Je nach Anamnese testet der Arzt neben Standard-Allergieauslösern auch individuelle Allergene aus dem beruflichen Umfeld. Sind die Ergebnisse des Hauttests nicht eindeutig, kann ein Provokationstest weiterhelfen. Mit Hilfe von Hautfunktionstests prüft der Dermatologe die Reaktion der Haut auf spezielle Belastungen. Auffälligkeiten werden genau dokumentiert.
Entscheidung über die Anerkennung als Berufskrankheit durch die Berufsgenossenschaft
Bei Verdacht auf eine Berufsallergie bzw. Berufsdermatose leitet der Dermatologe ein entsprechendes Verfahren zur Anerkennung als Berufserkrankung ein. Auf der Grundlage der fachärztlichen Einschätzung entscheidet dann der zuständige Unfallversicherungs-Träger (i.d.R. Berufsgenossenschaft) über die Anerkennung als Berufsallergie. Dazu ermittelt er die Arbeits- und Krankheitsvorgeschichte des Patienten und ein Sachverständiger prüft, ob aus medizinischer Sicht eine Anerkennung als Berufskrankheit gegeben ist. Wenn sowohl medizinische als auch rechtliche Voraussetzungen für eine Berufskrankheit vorliegen, entscheidet der zuständige Ausschuss der Berufsgenossenschaft über die Anerkennung als Berufskrankheit.
Bei Anerkennung einer Berufskrankheit ist die Berufsgenossenschaft für die Erkrankung zuständig, nicht mehr die Krankenkasse. Dies ist von besonderer Bedeutung für die Anwendung neuer Therapieverfahren, da diese meistens (noch) nicht von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden. Zur Therapie bei anerkannten Berufserkrankungen können auch Pflegemittel verordnet werden. Auch entfallen Zuzahlungen und Rezeptgebühren im Rahmen der Heilbehandlung durch den Unfallversicherungs-Träger.
Wie wird behandelt?
Die effektivste Methode, um die Symptome einer Allergie zu bekämpfen, besteht darin, den verursachenden Stoff zu meiden, wodurch der Körper keinen Kontakt zu den von ihm als gefährlich eingestuften Substanzen mehr hat. Entsprechend sollte bei Kontaktekzemen eine Allergiediagnostik beim Hautarzt durchgeführt werden. Dieser kann die auslösenden Stoffe in den meisten Fällen mithilfe verschiedener Tests identifizieren und so die Kontaktallergie gezielt behandeln.
Ohne den Kontakt zu den allergieauslösenden Substanzen gibt der Körper auch keine Immunantwort, um diese Stoffe abzuwehren. Daher bleiben die Beschwerden dann aus. Doch wie vermeidet man die allergieauslösenden Stoffe, die einem täglich im Berufsumfeld begegnen? Die Möglichkeiten reichen von der konsequenten Nutzung von Schutzhandschuhen über den Austausch der betreffenden Arbeitsmaterialien die Versetzung in andere Bereiche des Unternehmens, wo der Stoff nicht vorhanden ist bis hin zum allerletzten Ausweg, der Berufsaufgabe.
Prävention, Schutz und Pflege
Wichtig für alle Beschäftigten ist die Prävention. Wer nicht mit allergieauslösenden Stoffen in Berührung kommt, entwickelt auch keine entsprechende Allergie. Gerade sensibilisierende Gefahrstoffe sollten vermieden werden, da sie bei ständigem Kontakt die Gefahr erhöhen, an Allergien zu erkranken. Damit es erst gar nicht zu einer allergischen Reaktion kommen kann, sollten auch Mitarbeiter, die bislang keine Anzeichen einer Unverträglichkeit gegen bekannte Allergieauslöser gezeigt haben, von solchen Stoffen Abstand nehmen beziehungsweise diese nur geschützt verwenden. Auch sollte die Schutzbekleidung sorgfältig ausgewählt werden, denn auch manche darin verwendeten Materialien können Allergien (beispielsweise Latexhandschuhe) auslösen.
Darüber hinaus kann jeder selbst für Schutz und Pflege sorgen: Händewaschen ist wichtig, um allergieauslösende Stoffe abzuwaschen. Zu viel Händewaschen kann jedoch die Haut angreifen und zu trockener, rissiger Haut führen. Dies wiederum begünstigt Ekzeme. Deshalb ist es wichtig die Hände immer nach dem Waschen gut einzucremen.
Auch der Arbeitgeber muss das Thema Allergien im Auge behalten, so sind Gefahrstoffe mit Sensibilisierungswirkung entsprechend gekennzeichnet. Wichtig ist eine Gefährdungsbeurteilung, die das Thema auf die Agenda bringt. Allergieauslösende Stoffe sollten spätestens nach entsprechenden Krankheitsfällen ausgetauscht werden. Dazu sollten die Beschäftigten nicht nur über die Stoffe und die Gefahren aufgeklärt werden sondern auch darauf hingewiesen werden, dass entsprechende Krankheitsfälle – und seien sie noch so klein – unbedingt gemeldet werden.
Was ist für Berufsanfänger wichtig?
Für Berufsanfänger mit einer Neigung zu Allergien ist es wichtig, sich vorab genau zu informieren. Eine Beratung beim Arzt kann bei der Klärung der Frage helfen, ob die angestrebte Berufswahl richtig ist. Damit kann der Berufsanfänger vorsorgen, dass die Ausbildung nicht beendet werden muss, bevor sie richtig begonnen hat.
Sind in der Familie bereits Fälle von Berufsallergien bekannt oder wird eine derartige Allergie vermutet, sollten entsprechende Allergietests gemacht werden, bevor eine entsprechende Ausbildung angefangen wird. Menschen, mit einer besonderen Anfälligkeit für Allergien, sollten bei der Berufswahl Tätigkeiten bevorzugen, bei denen sie nicht täglich Kontakt zu potentiellen Allergenen haben.
Ansprechpartner
Nützliche Infos und Hinweise zum Thema Berufsallergie bzw. Prävention erhalten Sie bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und den Berufsgenossenschaften.
Hautärzte mit einer besonderen Qualifikation in Berufsdermatologie sind bei entsprechenden Symptomen die richtigen Ansprechpartner für Diagnose, Beratung und Therapie einer Berufsallergie. Ich selbst bin von der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie (ABD) in der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) für „Berufsdermatologie“ zertifiziert.